Laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung bekommen gerade einmal 33 Prozent der deutschen Frauen beim Sex einen Orgasmus – und davon nur vier Prozent durch die vaginale Penetration. Erst durch die klitorale Stimulation schaffen es die meisten Frauen zum Höhepunkt. Das liegt mitunter daran, dass die Klitoris ein Organ mit 8000 Nerven ist. Zum Vergleich: Im Penis des Mannes laufen „nur“ 4000 Neuronen zusammen.
„Wer gut küsst, ist meist auch… Ann-Marlene Henning im „Brigit… (2178050)
Trotzdem erleben viele Frauen keinen Orgasmus – nicht nur beim Geschlechtsakt. „Wenn der Partner es nicht ‚hinkriegt‘, dann liegt es möglicherweise daran, dass er sie nicht auf genau die gleiche Art berührt wie sie es mit sich selbst gewohnt ist. . Das ist die technische Variante. Die emotionale Variante ist: Ich kann mich nicht fallen lassen„, lautet das Urteil von Ann-Marlene Henning. Die Sexual- und Paarberaterin ist davon überzeugt, dass die meisten Frauen ihren Körper nicht gut kennen oder einfach noch zu wenig Erfahrung gesammelt haben. „Im Gehirn gibt es zum Beispiel bei vielen Frauen noch keine Synapsen, die „wissen“ wie es ist, am G-Punkt berührt zu werden – weil da einfach noch nie eine Berührung stattgefunden hat“, erklärt sie weiter.
Wie bei jedem Lernprozess müssen Synapsenwege erst angelegt werden. Etwa mit Sexspielzeug? Ihre Empfehlung lautet hier ganz klar: „Lieber nicht!“. Es sei anfangs nicht gut für eine Frau, die sich selbst noch gar nicht kennt oder sich selbst nicht befriedigen kann, es mit einem Vibrator zu versuchen. „Gerade diese Innenwahrnehmung muss man trainieren, bevor etwas mit Lust verbunden werden kann. Ich rate allen Frauen, die keinen Orgasmus bekommen: Lerne dich erst selber anzufassen.“
„Das Gehirn ist das größte Sexualorgan“
Es gibt einen guten Grund, warum Frauen mit zunehmendem Alter ein besseres Selbstbild haben als junge Mädchen – sie kennen ihren Körper. „Junge Frauen erforschen ihren Körper weniger“, ist sich Ann-Marlene Henning sicher. „Sie haben zwar Sex, aber empfinden ihre Vagina häufig als eklig. Und wenn das Gehirn etwas mit Ekel verbindet, dann ist Sex nicht vorgesehen. Deshalb rate ich: Erkunde dich selbst, spiel mit dir selber. Denn Fakt ist: Das Gehirn ist das größte Sexualorgan“. Das klingt im ersten Moment recht einfach, ist es aber für viele Frauen nicht.
Oftmals sind die Hemmungen derart groß, dass es viel Überwindung kostet, den Intimbereich genauer unter die Lupe zu nehmen. In der Therapie versucht die Sexologin daher gezielt, die Aufmerksamkeit der Frauen nach „unten“ zu lenken. Sie rät ihren Patientinnen unter anderem dazu, einenSpiegel zu verwenden, um sich – im wahrsten Sinne des Wortes – von einer anderen Seite zu betrachten. Am wichtigsten ist hier vor allem die Zeit, die man sich dafür nehmen muss. Laut Ann-Marlene Henning könnten Frauen mit sinnlichen Ölen spielen, Massagekerzen anzünden und eine angenehme Stimmung erzeugen. „Damit es ein gutes Erlebnis wird“.
„Einen Orgasmus kann man lernen“
Häufig gehen Frauen das Thema zu verkrampft an. Wer sich bei dem Versuch, einen Orgasmus hervorzurufen, zu sehr anspannt und auch nicht richtig atmet, kommt nicht über die Schwelle, im Gegenteil: Die Erregung geht zurück. Aber: „Einen Orgasmus kann man lernen“, verrät die Sexologin. Daher besteht das Training in erster Linie darin, sich zu entspannen, einfach mal tief durchzuatmen und – das ist der wichtigste Punkt – die Hände zu benutzen, um den Körper zu erforschen. Sei es alleine oder zusammen mit dem Partner. Denn erst wenn man weiß, welche Stellen stimuliert werden müssen, um einen Höhepunkt zu erleben, kann man gezielt darauf eingehen.
Orgasmus – der Sekundenrausch Der sexuelle Höhepunkt (706438)Der Griff zum Vibrator ist an dieser Stelle nicht empfehlenswert. „Das Problem ist dieses verkrampfte Dauer-Weitermachen für viele, die nicht kommen können. In solchen Fällen rate ich von Sexspielzeug ab. Die vibrieren zu stark. Die Klitoris mag das zwar, die Vagina aber nicht – weil sie die Vibration kaum spüren kann. Es bringt also überhaupt nichts, wenn man sich einen Vibrator einführt“, beschreibt die Therapeutin das Problem. „Wenn man seinen Körper kennt und auch weiß, wie man einen Höhepunkt hervorrufen kann, ist der Griff zum Sexspielzeug aber durchaus empfehlenswert“.
Sie selbst hat sogar ein eigenes erotisches Kartenspiel (DOCH! DOCH! DOCH!) auf den Markt gebracht, das für Paare gleichermaßen gut geeignet ist wie für frisch Verliebte. „Insgesamt gibt es drei Runden, die dazu führen sollen, dass sich ein Paare näherkommt“. Es geht nicht darum, sich so schnell wie möglich nackt zu machen, sondern darum, mithilfe von Fragen, Blickkontakt und zarten Berührungen Nähe aufzubauen und Distanzen zu überwinden. Unabhängig davon, ob man sich gerade erst kennengelernt hat oder aber schon viele Jahre ein Paar ist. In beiden Fällen kann das Spiel viel Gutes bewirken, um zwei Menschen zusammenzubringen.
Sexspielzeug für Frauen
Das Schöne ist: Wenn der Knoten geplatzt ist und eine Frau ganz genau weiß, wie sie zum Höhepunkt kommt, kann sie ihre Sexualität nach allen Regeln der Kunst ausleben. Zusammen mit ihrem Partner oder auch alleine. „Wenn man seinen Orgasmus im Griff hat, kann man durchaus mit Sexspielzeug experimentieren“, rät auch Ann-Marlene Henning. Zum Üben empfiehlt sie vor allem klassische Dildos, da die Vagina nur Druck spüren kann, nicht aber Vibration. Allerdings sollte man Sexspielzeug mit Vorsicht genießen: „Es ist nicht gut, wenn man von einem vibrierenden Gerät abhängig ist, sprich nur noch damit kommen kann“, warnt sie.
Derzeit besonders gefragt sind Vibratoren zum Auflegen. Sie stimulieren in erster Linie die Klitoris, sodass diese für Frauen ein beliebtes Mittel zum Masturbieren sind. Alternativ dazu können sie aber auch beim Geschlechtsverkehr zum Einsatz kommen – hier gibt es spezielle Modelle für Sie und Ihn. „Selbst beim penetrativen, also normalen Geschlechtsverkehr, besteht eine klitorale Beteiligung“, weiß auch die Sextherapeutin. Umso wertvoller ist die Erkenntnis, dass Sextoys dazu beitragen können, einen Orgasmus zu begünstigen. Sofern eine Frau ihren Körper kennt und auch Spaß daran hat, diesen zu erkunden.
Dieser Artikel enthält sogenannte Affiliate-Links. Mehr Informationen dazu gibt es hier.
Posts aus derselben Kategorie:
- Grausame Zustände: Reporterin begleitet tagelang Tiertransporte – und zeigt uns die dunkle Seite der Fleisch-Produktion
- Iran plant härtere Strafen für Gewalt gegen Frauen
- Bodyneutrality: My Body, your Body, everybodys Body: Von wegen mein Körper gehört mir
- Bademode: Der Tankini ist wieder da: Warum der Zweiteiler jetzt im Trend liegt
- Vor 68. Vierschanzentournee: Skisprung-Ass Eisenbichler: «Es hapert am Selbstbewusstsein»