Weil er ein Anwaltsschreiben an einen Journalisten durchsticht, wird gegen Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl monatelang ermittelt. Dann spitzt sich die Affäre dramatisch zu.
Politischer Überlebenskampf bis in den späten Abend: Mit einem eineinhalbstündigen Auftritt vor der CDU-Fraktion hat der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl im Zusammenhang mit der sogenannten Brief-Affäre gerade nochmal sein politisches Überleben gesichert.
Er warb um Vertrauen, weil er 15.000 Euro Geldauflage zahlen will, um ein Ermittlungsverfahren gegen seine Person zu beenden. Lange war spekuliert worden, ob er bei einem solchen Angebot der Staatsanwaltschaft im Amt bleiben kann. Nach der Sitzung teilte Fraktionschef Manuel Hagel mit: Strobl kann bleiben.
Weil Strobl einem Journalisten ein Anwaltsschreiben weitergegeben hat, war monatelang gegen den Vize-Regierungschef ermittelt worden. Strobl verkündete nun in der Fraktion, dass die Staatsanwaltschaft ihm angeboten hat, das Verfahren einzustellen – allerdings nur gegen eine saftige Geldauflage. 15.000 Euro soll Strobl zahlen. Er will das Angebot annehmen. Andernfalls hätte er ein langwieriges und rufschädigendes Verfahren mit ungewissem Ausgang riskiert.
Strobl spricht von Transparenz, Opposition von Geheimnisverrat
Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den ranghöchsten Polizisten im Land, den Inspekteur der Polizei. Ihm wird sexuelle Belästigung vorgeworfen. Strobl soll einen Journalisten dazu angestiftet haben, aus Verfahrensakten zu zitieren. Er habe jeden Anschein eines „Hinterzimmer-Deals“ vermeiden wollen und deshalb das Schreiben an den Journalisten gegeben, so seine Argumentation.
Die Opposition wirft dem CDU-Politiker aber seit Monaten Geheimnisverrat und einen Verstoß gegen den Datenschutz vor, will ihn mit einem Untersuchungsausschuss unter Druck setzen. Auch gegen den Reporter wird ermittelt. Dieser lehnte nach Angaben der Zeitung das Angebot der Einstellung gegen Geldauflage ab.
Eigene Partei steht hinter Strobl
Gestern wirbt der bedrängte Minister bei den Abgeordneten um Rückhalt. Der 62-Jährige hatte Fraktionschef Hagel zuvor um die Sondersitzung gebeten. Am späten Abend ist klar: Strobl kann bleiben. Die Fraktion sehe keinen Grund zum Rücktritt, wenn Strobl das Angebot annehme, sagt Hagel. Man befinde sich in multiplen Krisen und sehe keinen Grund, das Kabinett umzubilden.
Zudem arbeiten Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Strobl eng zusammen. Es gab dem Vernehmen nach eine Vorabstimmung in der Koalitionsspitze – darin habe Hagel bereits signalisiert, dass die CDU Strobl stützen werde. Auch Kretschmann sei klar dafür gewesen, den Weg weiter mit seinem alten CDU-Fahrensmann zu gehen. Strobl teilte zu der Entscheidung mit: „Die Zeiten sind ernst, die Sicherheitslage ist ernst. Die Menschen im Land haben in diesen Zeiten zu Recht den Anspruch, dass sich ein Innenminister voll und ganz auf die Gewährleistung der Inneren Sicherheit konzentrieren kann.“
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