Teilnahme von zu Hause: Online-Parteitag: Grüne beraten über Wege aus Corona-Krise

Die Grünen haben gerade keine einfache Zeit: Alle schauen in der Corona-Krise auf die Regierung, in Umfragen ging es abwärts. Wenn es nun bald wieder ums Gestalten statt um akute Nothilfe, wollen sie punkten – mit ziemlich teuren Vorschlägen.

Wie sollen Wirtschaft und Gesellschaft in der Corona-Krise wieder auf die Beine kommen? Darüber beraten die Grünen heute auf ihrem ersten bundesweiten Online-Parteitag.

Die rund 100 Delegierten nehmen von zu Hause aus teil, die Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock sprechen von der Berliner Parteizentrale aus, Gastreden werden als Videos eingespielt.

Mit gewaltigen Investitionen und Hilfsprogrammen, die auch der Umwelt und dem Klimaschutz nützen, will die Parteispitze ein «neues, ein nachhaltiges Sicherheitsversprechen» geben, wie es im Leitantrag heißt.

Dazu gehört ein Konjunktur-Sofortprogramm im Umfang von 100 Milliarden Euro noch in diesem Jahr, das hauptsächlich über neue Schulden finanziert werden soll. Es umfasst unter anderem einen Fonds in Höhe von 20 Milliarden Euro, der Kaufanreize, Konsumgutscheine und direkte Zuschüsse finanzieren soll, um Einzelhandel, Gastronomie und Kultureinrichtungen zu helfen. Das Arbeitslosengeld II soll vorübergehend steigen, Eltern sollen ein Corona-Elterngeld bekommen, das Kurzarbeitergeld soll für kleinere Einkommen deutlich steigen.

Direkte Hilfen für Unternehmen wollen die Grünen dem Antrag zufolge an Umweltziele und Sozialstandards koppeln. Unternehmen, die sich am Klimaschutz orientieren, sollen einen Teil ihrer Kredite nicht zurückzahlen müssen. Um all die Ausgaben zu finanzieren, wollen die Grünen die Schuldenbremse reformieren, und verweisen darauf, dass Deutschland für Schulden derzeit keine Zinsen zahlen müsse. Wohlhabende sollen sich stärker beteiligen, wie Parteichef Robert Habeck vor dem Parteitag erklärte – konkret wird der Antrag da aber nicht, es heißt nur: «Wer starke Schultern hat, kann mehr tragen.»

Der «Rheinischen Post» und dem «General-Anzeiger» (Samstag) sagte Habeck zudem: «Entscheidend ist jetzt, dass wir mit den vielen Milliarden Euro, mit denen wir die Folgen von Corona abmildern, beide Krisen gleichzeitig bekämpfen: die Rezession durch Corona und die Klimakrise.»

Eine Gastrede solle es unter anderem von Jean-Claude Juncker geben, dem ehemaligen Chef der EU-Kommission. Mit Blick auf die Europäische Union fordert der Leitantrag einen EU-Fonds «von mindestens einer Billion Euro», der durch gemeinsame Anleihen finanziert wird.

Die Parteimitglieder sind traditionell diskussionsfreudig – auch diesmal gibt es wieder viele Änderungsanträge für die Vorlage des Vorstands. Darunter ist eine ausdrückliche Ablehnung eines «Immunitätsausweises» für Menschen, die eine Covid-19-Infektion schon hinter sich haben, oder die Ablehnung von Kaufprämien für Autos mit fossilem Verbrennungsmotor, also Diesel und Benziner, die den Autobauern aus der Krise helfen könnten. Im Leitantrag ist nur von «ökologischen Kaufanreizen» die Rede.

Zuletzt hatten die Grünen in Wahlumfragen deutlich an Zustimmung verloren. Von deutlich mehr als 20 Prozent ging es runter auf 15 bis 19. Habeck sagte dazu, es sei klar, dass die ersten Wochen ganz im Zeichen der direkten Maßnahmen und der Exekutive – also der Regierung – stehen würden. Es komme aber der Moment, in dem es neue Antworten auf Fragen nach Strategien und Orientierung brauche. Die wolle man nun geben. In 11 von 16 Bundesländern sind die Grünen an der Regierung beteiligt, in Baden-Württemberg stellen sie mit Winfried Kretschmann den Ministerpräsidenten.

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