„Mein geliebtes Ich“: Christian Lindner: „Am Samstag wasche ich am liebsten mein Auto. Das ist eine Art Fetisch“

Ein Jahr lang haben der Fotograf Frank Lübke und der Journalist Alexandros Stefanidis für die Kolumne „Mein geliebtes Ich“ Prominente in ungeahnter Pose porträtiert. Für sie wurde schnell klar: Jeder Mensch hat eine zweite Seite, die manchmal hell erstrahlt, manchmal im Dunkeln bleiben soll. Oft haben sie diese freilegen können – zum Erstaunen der Leser wie auch der Dargestellten.

Der stern veröffentlicht nun zwölf dieser ungewöhnlichen Porträts online: dieses Mal Christian Lindner, Vorsitzender der FDP.

stern: Herr Lindner, den einen Christian Lindner auf dem Foto kennen wir. Was ist der andere für ein Typ?

Lindner: Er ist leger und offen. Ich kann über mich selber lachen, über meine Schrullen. Sie sehen stets aus wie aus dem Ei gepellt.

Was ist an Ihnen bitte schrullig?

Mein Gang. Manche sagen, er wirke wie ein leichtes Humpeln. Woher das kommt, weiß ich nicht. Vielleicht sind meine Beine unterschiedlich lang.

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Was machen Sie an einem freien Tag?

Ich stehe morgens auf und gehe in Düsseldorf auf den Markt, kaufe gern Leckereien.

Obst und Gemüse für den Veggie-Day?

Sehr witzig. Nein, Fleisch! Oder guten Tabak aus Kuba.

Natürlich.

Was ich aber an einem typischen Samstag am liebsten mache, ist, mein Auto zu waschen. Das ist eine Art Fetisch von mir.

Handwäsche oder Waschstraße?

Gott bewahre! Natürlich Handwäsche! Ich habe ein 37 Jahre altes Auto, das hat einen so weichen, angreifbaren Lack, da wäre die Waschstraße ein Verbrechen.

Schwer vorstellbar, wie Sie im T-Shirt ein Auto per Hand waschen.

Sie sollten Ihre Stereotypen überprüfen. Kennen Sie denn nicht diese Freude, wenn man mit dem Schwamm über das Dekolleté und die Hüften streicht?

Wir reden immer noch von einem Auto?

Selbstverständlich.

Oldtimer-Porsche?

Ja.

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Wie viele dieser freien Tage genießen Sie denn im Jahr?

Vielleicht 20, Wochenenden inklusive.

Eine etwas ungesunde Work-Life-Balance: 345 zu 20, oder?

Politik ist mein Sport.

Inwiefern?

Wie im Sport treibt Widerstand an. Und ich liebe meine Freiheit, deshalb schaue ich nicht ungerührt zu, wenn diese wunderbare Idee unter die Räder kommt.

Die FDP hat bei der NRW-Wahl 2017 triumphiert. Was empfinden Sie nach Siegen?

Das ist vielleicht ein echter Charakterfehler von mir. Ich kann mich nicht wirklich über Siege freuen, denke immer gleich an die nächsten Schritte. Wir haben noch einiges vor.

Dieser Text erschien ursprünglich im Heft Nr. 21 am 18. Mai 2017.

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