Weltklimagipfel COP26: An Jeff Bezos lässt sich die ganze Absurdität des Kampfes gegen die Klimakrise festmachen

Auf der Weltklimakonferenz kündigte Amazon-Gründer Jeff Bezos Milliardenspenden für den Klimaschutz an. Gleichzeitig verschleudert er mit Freizeit-Flügen ins All enorme Ressourcen. Sein Auftritt in Glasgow war beispielhaft dafür, wie absurd der Kampf gegen die Klimakrise abläuft.

Zunächst vorweg: Wir, die wir in den reichen Industrienationen leben, haben alle unseren Anteil an der Klimakrise: Wir fahren Verbrennerautos, wir heizen auch mal zuviel, wenn wir’s in der kalten Jahreszeit muckelig haben wollen, wir fliegen um die Welt in den Urlaub, wir konsumieren fleißig, wir essen mehr Fleisch als uns gut tut, wir produzieren Müll, wir verbrauchen Energie für Internet, TV, Unterhaltung. Manches davon tun wir, um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten. In einer Industriegesellschaft, deren Unternehmen viel Gutes bewirken, aber eben auch – wie wir lernen mussten – gleichzeitig an dem Ast sägen, auf dem wir und alle anderen auf der Welt sitzen. Von daher: Niemand hat Anlass, sich als „besserer Mensch“ zu fühlen.Klimagipfel Kompakt 15.00

Und doch muss man auf das schauen, was gerade auf dem Weltklimagipfel geschieht. Am Auftritt eines Mannes lässt sich die gesamte Absurdität des Vorgehens festmachen, das die Reichen und Mächtigen – also jene von uns, die den Klimawandel noch wirksam eindämmen können – im Kampf gegen die globale Krise an den Tag legen. Die Rede ist von Jeff Bezos.

Jeff Bezos: Milliarden für den Klimaschutz

Der derzeit reichste Mensch der Welt trat in Glasgow auf und verkündete etwas sehr Gutes: Zwei Milliarden Dollar sollen über seinen „Earth Fund“ in die Aufforstung von Wäldern (vor allem in den USA und Afrika) und in die Veränderung landwirtschaftlicher Systeme fließen. Damit ließe sich Bodenerosion stoppen, mehr Treibhausgas CO2 binden und größerer Ernteertrag erzielen. Bis 2030 will der Amazon-Gründer über den Fund gar zehn Milliarden Dollar für klimafreundliche Maßnahmen locker machen. Dafür kann man ihm durchaus applaudieren, so denn die Gelder da landen, wo sie wirksam eingesetzt werden können.

Gleichzeitig gibt es da die andere Seite. Bezos reiste – beileibe nicht als einziger – im (angeblich mit Pflanzenöl betriebenen) Privatjet zu einer Klimakonferenz, an die besonders hohe Erwartungen geknüpft sind. Und just auf dieser Konferenz redete der 57-Jährige davon, wie ihm bei seinem Flug ins All bewusst geworden sei, wie fragil und verletzlich doch die Erde sei; dass erhalten werden müsse, „was wir haben“, und wieder hergestellt werden müsse, „was wir verloren haben“.

Er sagte dies zu Menschen, die genau das schon seit mehr als zwei Jahrzehnten sagen, was aber kaum jemand hören wollte. Er sagte dies Menschen, die in Politik, Wissenschaft und Naturschutz aktiv an der Rettung der Erde arbeiten und seit gefühlten Ewigkeiten versuchen, ein Bewusstsein für die Folgen der Klimakrise zu schaffen. Und er sagte es Menschen, deren Heimat schon heute allmählich im Meer versinkt; Menschen wie dem Präsidenten der Inselgruppe Palau, Surangel Whipps, der in Glasgow seine ganze Verzweiflung ausdrückte: „Der langsame Tod hat keine Würde. Dann bombardieren Sie doch unsere Inseln, anstatt uns leiden zu lassen, nur damit wir unseren langsamen, verhängnisvollen Niedergang miterleben.“

Zwischen Astronauten-Folklore und Verhöhnung

Diesen Menschen trat Jeff Bezos mit einem – vermutlich sogar aufrichtig empfundenen – Satz entgegen, der längst zur Astronauten-Folklore gehört. Mit einer persönlichen Erkenntnis, gewonnen auf einem Vergnügungsflug ins All, der enorme Ressourcen verschlungen hat, und dem Vorhaben, weitere sehr reiche Menschen unter Einsatz weiterer enormer Ressourcen für einen Erlebnisflug in die Erdumlaufbahn zu befördern. Wir, die wir in den reichen Industrienationen leben, mögen darüber die Köpfe schütteln. Menschen wie Surangel Whipps aber müssen sich verhöhnt und verlassen vorkommen.

Wie wäre es wohl, wenn ein Jeff Bezos – bei allen lobenswerten Spenden – seine enormen Mittel, und vor allem seinen Ehrgeiz statt in den Weltraumtourismus mit aller Kraft in die Erforschung und Realisation von innovativen Klimaschutz-Technologien stecken würde, in den Aufbau entsprechender Industrien und in den Schutz der schon jetzt dem Untergang geweihten Sinking Islands wie Palau, Vanuatu, Tuvalu oder den Malediven?! Kaum auszudenken, was dann erreicht werden könnte.

Besser essen fürs Klima_ 17.01

Noch Luft beim Engagement für die Gemeinschaft

Und wer nun einwendet, Bezos habe sich seinen Reichtum schließlich hart erarbeitet und zeige sich ohnehin schon äußerst großzügig, was wolle man denn noch von ihm, der hat auf der einen Seite Recht. Auf der anderen Seite sei daran erinnert, dass sich sein Reichtum zum Großteil auf dem Verkauf von Waren gründet, die er in aller Regel nicht selber hergestellt hat, und die nach Verkauf und Benutzung zu Müll werden, der wiederum Umwelt und Weltmeere belastet. Das alles unter vielfach kritisierten Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter:innen und der weitgehenden Vermeidung von Steuern. So gesehen ist da noch Luft nach oben im Engagement für die Gemeinschaft, der er seinen Erfolg verdankt.

Die Weltgemeinschaft braucht Menschen wie Jeff Bezos. Nicht als Steuervermeider und Weltraum-Hoteliers. Sondern als innovative und ehrgeizige Kämpfer gegen die globale Katastrophe. Erst dann wäre ein Auftritt wie in Glasgow nicht mehr absurd.

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