Schluss mit den Spielchen: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert fordert die Union im stern dazu auf, die Entscheidung des Kanzlers in der „Taurus“-Frage zu respektieren – auch im Sinne der Ukraine.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert warnt die Unionsfraktion davor, die Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern an die Ukraine ein weiteres Mal per Abstimmung im Bundestag erzwingen zu wollen. „Jede weitere Abstimmung in dieser Sache schadet nicht etwa der Ampel-Koalition oder Olaf Scholz, sondern ausschließlich der überfallenen Ukraine und ihrem Freiheitskampf“, sagte Kühnert dem stern. „Ich appelliere an CDU und CSU: Respektieren Sie endlich die vom Bundeskanzler getroffene und vom Deutschen Bundestag bereits zweimal bestätigte Entscheidung, keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern.“
Der Bundestag hatte die Lieferung von „Taurus“ an das von Russland angegriffene Land am Donnerstag erneut abgelehnt. Das Parlament stimmte mehrheitlich gegen einen entsprechenden Antrag der Union. Obwohl es auch in den Ampel-Fraktionen Fürsprecher einer Lieferung des Marschschflugkörpers mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern gibt, versammelte sich die Koalition hinter der Linie des Bundeskanzlers. Scholz hatte eine Lieferung mehrfach abgelehnt.
Schon im Februar stimmte eine Mehrheit des Bundestags gegen einen Antrag der Union, der Ukraine den „Taurus“-Marschflugkörper zu liefern. Anschließend verabschiedeten SPD, Grüne und FDP einen eigenen Antrag, wonach die Ukraine zwar „weitreichende Waffensysteme“ erhalten soll. Die „Taurus“-Marschflugkörper wurden in dem Antrag nicht explizit erwähnt.
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Der SPD-Generalsekretär attackierte die Union für ihr Vorgehen. Die Union habe nicht nur erneut eine Abstimmung verloren, sagte er. „Vielmehr haben wir alle wertvolle Zeit und Energie für ziellose Debatten verloren, die wir für eine verantwortungsvolle Unterstützung der Ukraine besser hätten einsetzen können“, so Kühnert weiter. Die Ukraine benötige insbesondere Munition und „kluge diplomatische Initiativen“, die den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin erhöhten. „Die Ukraine benötigt keine Partner, die sich in quälenden innenpolitischen Auseinandersetzungen mit sich selbst beschäftigten“, mahnte er.
Erst am Mittwoch hatte Kanzler Scholz in der Regierungsbefragung im Bundestag sein Nein in der „Taurus“-Frage erneut bekräftigt. Es sei für ihn „ausgeschlossen, bei weitreichenden Waffensystemen solche zu liefern, die nur sinnvoll geliefert werden können, wenn sie auch mit dem Einsatz deutscher Soldaten auch außerhalb der Ukraine verbunden wären“, sagte Scholz. „Das ist eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will.“ Jedwede Beteiligung deutscher Soldaten, ob in Deutschland oder der Ukraine, schloss Scholz aus. „Es geht um die Beteiligung daran, wohin gezielt wird, wohin geschossen wird und wohin getroffen wird“, sagte er. „Und das sollte nicht mit deutschen Soldaten passieren.“
Insbesondere mit Abgeordneten der Unionsfraktion lieferte sich Scholz in der Befragung teils heftige Wortgefechte. So warf CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen dem Kanzler vor, „nicht mit klaren Karten“ zu spielen. Dessen Parteikollege, Verteidigungsexperte Johann Wadephul, stellte Scholz‘ Vertrauen in die Ukraine infrage. Der Kanzler konterte, dass mit „Halbwahrheiten“ öffentliche Kommunikation betrieben werde und bekräftigte Deutschlands anhaltende Unterstützung für das angegriffene Land.
„Maßlose Unterstellungen sollten fortan der Vergangenheit angehören“, fordert SPD-Generalsekretär Kühnert. Die Differenzen in einer einzigen Sachfrage dürften nicht noch einmal dazu führen, „dass wir uns unter den demokratischen Kräften im deutschen Bundestag gegenseitig absprechen, für einen gerechten Frieden einzutreten“.
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