Krieg in der Ukraine: Putin warnt Deutschland und Frankreich vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine

Moskau meldet Eroberung der strategisch wichtigen Kleinstadt Lyman +++ Selenskyj schildert schwierige Lage im Donbass +++ Ukrainisch-orthodoxe Kirche sagt sich vom Moskauer Patriarchat los +++ Die Entwicklungen im Ukraine-Krieg im stern-Ticker.

Tag 94 der russischen Invasion in der Ukraine: Die ukrainische Armee steht im äußersten Osten ihrer Front gegen die russischen Invasionstruppen weiter stark unter Druck. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einer sehr schwierigen Lage, machte dem Militär aber Mut: „Der Donbass wird ukrainisch sein.“ Der Krieg beeinflusst auch das Verhältnis der orthodoxen Kirche in beiden Ländern. 

15.03 Uhr: Putin warnt Deutschland und Frankreich vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine

Der russische Präsident Wladimir Putin hat Deutschland und Frankreich vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine gewarnt. In einem Telefongespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Präsident Emmanuel Macron sagte der Kreml-Chef am Samstag nach russischen Angaben, weitere Waffenlieferungen seien „gefährlich“. Dadurch bestehe das Risiko, dass sich in der Ukraine „die Situation weiter destabilisiert und die humanitäre Krise verschärft“.

Das Telefongespräch dauerte nach Angaben der Bundesregierung 80 Minuten und ging von Scholz und Macron aus. Dabei hätten der Bundeskanzler und der französische Präsident „auf einen sofortigen Waffenstillstand und einen Rückzug der russischen Truppen“ gedrängt.

Zudem riefen sie nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit den russischen Präsidenten zu „ernsthaften direkten Verhandlungen“ mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und einer diplomatischen Lösung des Konflikts auf.

14.56 Uhr: Putin – Hilfe bei Ausfuhr von Getreide bei Sanktionslockerung möglich

Russlands Staatschef Wladimir Putin hat in einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Aussicht gestellt, bei Lockerungen der westlichen Sanktionen gegen sein Land die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine zu ermöglichen. Russland sei „bereit“, Möglichkeiten „für einen Getreide-Export ohne Hemmnisse zu finden“, sagte Putin nach Kreml-Angaben am Samstag in einem Telefonat mit Scholz und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Allerdings müssten auch westliche Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden.

11.25 Uhr: Moskau vermeldet erneuten „erfolgreichen“ Test von Hyperschall-Rakete

Inmitten seiner verstärkten Militäroffensive in der Ukraine hat Russland nach eigenen Angaben erneut eine Hyperschall-Rakete getestet. Die Rakete vom Typ Zirkon sei von einer Fregatte in der Barentssee in Richtung eines Ziels im Weißen Meer in der Arktis abgefeuert worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Das Ziel in einer Entfernung von rund tausend Kilometern „wurde mit Erfolg anvisiert“. Russland hatte erstmals im Oktober 2020 eine Zirkon-Rakete getestet, seitdem folgten mehrere weitere Versuche. Im März hatte Moskau verkündet, dass es Hyperschall-Raketen vom Typ Kinschal im Westen der Ukraine eingesetzt habe.Russische Waffe Kinschal 06.37

11.09 Uhr: Moskau meldet Eroberung der strategisch wichtigen Kleinstadt Lyman

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben die vollständige Kontrolle über die strategisch wichtige Kleinstadt Lyman im ostukrainischen Donbass-Gebiet erlangt. „Durch das gemeinsame Vorgehen von Einheiten der Donezker Volksrepublik und der russischen Streitkräfte wurde die Stadt Krasny Liman vollständig von ukrainischen Nationalisten befreit“, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Krasny Liman ist die noch aus sowjetischer Zeit stammende Bezeichnung für Lyman.

Die mit Moskau verbündeten Separatisten hatten die Eroberung schon am Freitag vermeldet. Am Samstag hatte auch der ukrainische Generalstab indirekt den Fall der Kleinstadt eingestanden. Lyman ist als Eisenbahnknoten und Straßenverbindung zu den Ballungsräumen Sjewjerodonezk – Lyssytschansk im Osten und Slowjansk – Kramatorsk im Südwesten strategisch wichtig.

10.46 Uhr: Habeck weist Vorwürfe zu Waffenlieferungen an die Ukraine zurück

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den Vorwurf zurückgewiesen, Deutschland sei bei Waffenlieferungen an die Ukraine zu zurückhaltend. „Während wir reden, werden gerade ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 ausgebildet“, sagte Habeck der „Welt am Sonntag“ mit Blick auf die geplante Lieferung der fahrbaren Artilleriegeschütze. Es sei keineswegs so, dass Deutschland nichts oder zu wenig liefere. Richtig sei, dass Berlin nicht alle Wünsche der Ukraine erfüllen könne.

Deutschland will im Juni sieben Exemplare der Panzerhaubitze 2000 an die Ukraine liefern. Seit Mitte Mai werden in der Bundeswehr-Artillerieschule im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein dutzende ukrainische Soldaten an dem auf einem Panzerfahrgestell montierten Geschütz ausgebildet.Waffenlieferungen an die Ukraine 06.15

10.09 Uhr: Cherson schließt Grenze zu ukrainisch kontrolliertem Gebiet

Das von russischen Truppen besetzte Gebiet Cherson im Süden der Ukraine hat die Grenze Richtung Norden für Flüchtlinge geschlossen. „Der Grenzübergang in Richtung der Gebiete Mykolajiw und Dnipropetrowsk ist angesichts des systematischen Beschusses vonseiten ukrainischer Kämpfer sehr gefährlich“, erklärte der Vizechef der prorussischen Militärverwaltung, Kirill Stremoussow zur Begründung der Entscheidung. Ausreisen aus dem Gebiet Cherson seien stattdessen über die Halbinsel Krim oder den russisch kontrollierten Teil des Gebiets Saporischschja möglich.

Die neue Verwaltung hat zahlreiche Initiativen unternommen, das Gebiet Cherson von der Ukraine abzuschneiden und an Russland anzubinden. So wurde die russische Landeswährung Rubel eingeführt, die Administration hat die Ausgabe russischer Pässe gefordert und den Eintritt des Gebiets in die Russische Föderation – selbst ohne vorheriges Referendum. Auf die letzte Initiative reagierte selbst Moskau zurückhaltend. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, die Menschen in der Region müssten selbst über ihr Schicksal entscheiden. Die Schließung der Grenzen könnte dazu dienen, den Flüchtlingsstrom in ukrainisch besetzte Gebiete zu unterbinden. 

10.02 Uhr: Russische Truppen könnten sich auf die Kleinstadt Lyman als Knotenpunkt konzentrieren

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste dürften sich die russischen Streitkräfte in der Ukraine in den kommenden Tagen auf die Kleinstadt Lyman als Knotenpunkt konzentrieren. Die Stadt in der ostukrainischen Region Donezk sei Stand Freitag mutmaßlich bereits zu großen Teilen unter Kontrolle der Russen, hieß es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums am Samstag. 

Mit einem großen Bahnknotenpunkt und Zugang zu wichtigen Straßen- und Eisenbahnbrücken über den Fluss Siwerskyj Donez habe Lyman eine große strategische Bedeutung, auch für Russlands weiteren Vormarsch im Donbass. Sollte es Moskau gelingen, die Stadt sowie die Region um die Großstadt Sjewjerodonezk unter seine Kontrolle zu bringen, werde der Kreml dies seinen Bürgern als wichtigen politischen Erfolg verkaufen, schreiben die Briten.

Schon seit Beginn des Krieges veröffentlicht die britische Regierung in ungewöhnlich offener Art und Weise regelmäßig Geheimdienstinformationen zum Verlauf des Angriffskriegs. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

9.20 Uhr: Europol zu Waffenlieferungen: Situation wie im Balkankrieg verhindern

Europol ist besorgt, dass aus der Europäischen Union in die Ukraine gelieferte Waffen langfristig in die falschen Hände geraten könnten. „Irgendwann ist der Krieg vorbei. Wir wollen eine Situation verhindern wie vor 30 Jahren im Balkankrieg. Die Waffen aus diesem Krieg werden noch heute von kriminellen Gruppen genutzt“, sagte die Direktorin der Europäischen Polizeibehörde, Catherine De Bolle, im Interview der „Welt am Sonntag“. Europol plane daher, eine internationale Arbeitsgruppe zusammenzustellen, um angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Strategien für einen Umgang mit der Situation zu entwickeln.

5.30 Uhr: Ukrainisch-orthodoxe Kirche sagt sich vom Moskauer Patriarchat los

Wegen des russischen Angriffskriegs erklärte die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats ihre „völlige Selbstständigkeit und Unabhängigkeit“ von Moskau. Man sei uneins mit der Position des Moskauer Patriarchen Kirill, teilte die Kirche in Kiew mit. Man verurteile den Krieg und appelliere an die Ukraine und Russland, den Verhandlungsprozess fortzusetzen.

Kirill, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, steht fest hinter dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zuletzt war der innerkirchliche Druck in der Ukraine gestiegen, sich von Moskau loszusagen. Priester hatten gar ein Kirchentribunal gegen Kirill gefordert. Der Zahl der Gemeinden nach ist die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats die größte der drei maßgeblichen Kirchen in der Ukraine.

4.10 Uhr: Ehrenpreis für ukrainischen Minen-Spürhund beim Filmfestival in Cannes

Bei der Kür des besten Filmhundes beim Festival von Cannes ist ein Ehrenpreis an einen ukrainischen Minen-Spürhund verliehen worden. Zum Sieger im Rennen um den „Palm Dog Award“ wurde am Freitag der Pudel Brit gekürt, der im Film „War Pony“ von Riley Keough und Gina Gammell unter dem Namen Beast mitspielt. Der Hund bekam als Trophäe ein rotes Leder-Halsband.

0.53 Uhr: Berichte über Tote und Verletzte bei russischen Angriffen

Die Ukraine hat Russland für den Tod von fünf Zivilisten in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region Donezk im Osten des Landes verantwortlich gemacht. „Heute haben Russen fünf Bürger des Donbass getötet und vier weitere verwundet“, schrieb der Gouverneur des Gebiets, Pawlo Kirilenko, im Nachrichtenkanal Telegram. Die ukrainische Armee sprach ebenfalls von heftigen Angriffen per Artillerie, Panzer, Mörser und aus der Luft auf zivile Infrastruktur und friedliche Wohngebiete. „Die Okkupanten feuerten auf 49 Orte in den Regionen Donezk und Luhansk“, hieß es.

FS

0.34 Uhr: „Moskau setzt ein Maximum an Artillerie und Reserven ein“: Selenskyj nennt Lage im Donbass sehr schwierig

Selenskyj bezeichnete die Lage im Donbass angesichts russischer Angriffe als sehr schwierig. Moskau setze dort ein Maximum an Artillerie und Reserven ein, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. Die ukrainische Armee verteidige das Land mit allen derzeit verfügbaren Ressourcen. „Wir tun alles, um die Armee zu stärken“, versicherte der Präsident. Was die derzeit heftig umkämpften Orte im Donbass angeht, zeigte sich Selenskyj kämpferisch. „Wenn die Okkupanten denken, dass Lyman und Sjewjerodonezk ihnen gehören werden, irren sie sich. Der Donbass wird ukrainisch sein.“ Wenn Russland Zerstörung und Leid bringe, werde die Ukraine jeden Ort wiederherstellen. Dort werde nur die ukrainische Fahne wehen und keine andere, betonte Selenskyj.

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