Detroit: Polizei feuert 38 Schüsse in drei Sekunden auf psychisch kranken 20-Jährigen ab

Er hatte ein Messer, sie hatten Schusswaffen: In Detroit haben Polizeibeamten auf einen 20-jährigen geschossen, der psychisch krank war. 38 Schüsse trafen den Mann in nur drei Sekunden. Der Anwalt der Familie spricht von einer Hinrichtung.

Das Video, dass der Polizeichef vom Detroit Police Department auf einer Pressekonferenz präsentierte, dauerte nur wenige Minuten. Sie zeigten den Polizeieinsatz, den Porter B. das Leben kostete. Der große Bruder des 20-jährigen Schwarzen hatte nach Angaben seiner Familie am Sonntagmorgen gegen 5 Uhr den Notruf gewählt, nachdem er mit einem Messer die Reifen von dessen Wagen aufgeschlitzt hatte. „Er war besorgt um seine Sicherheit, als auch um die Sicherheit der Anwohner“, erklärte Polizeichef James White.

Auf dem Video ist der junge Mann, bei dem Schizophrenie diagnostiziert wurde, nur wenige Meter von den Polizisten entfernt. Vier Minuten lang, so heißt es, sollen die Beamten dem Trainingsprotokoll gefolgt sein und versucht haben, B. zu beruhigen und ihn dazu zu bringen, das Messer fallen zu lassen. „Wir sind hier um dir zu helfen, Porter, okay“, ist ein Beamter des Kriseninterventionsteams zu hören. „Wir wollen dir nur helfen. Dein Bruder ist besorgt um dich, ich bin besorgt um dich. Du bist nicht in Schwierigkeiten. Kannst du einfach mit mir reden und das Messer fallen lassen?“

Polizeieinsatz in Detroit endet tödlich für psychisch kranken Schwarzen

Dann ist auf den Aufnahmen zu hören, wie die Beamten ihn auffordern, nicht auf die Beamten zuzugehen und das Messer wegzulegen. B. antwortete: „Nein, das tue ich nicht“, Minuten bevor er auf die Beamten zusprintete. Die ersten Schüsse sind zu hören, dann stoppt das Video. Fünf Beamte zogen ihre Schusswaffe und gaben in drei Sekunden 35 Schüsse auf den jungen Mann ab.

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„Der Beamte fürchtete um seine Sicherheit, und die anderen Beamten fürchteten um die Sicherheit ihres Partners und feuerten ihre Waffen ab“, verteidigte White ihr Vorgehen. „Trotz dieser schrecklichen Tat waren die Beamten in der Lage, schnell in einen Erste-Hilfe-Modus zu wechseln und begannen, erste Hilfe zu leisten. Die Beamten hätten ihn dann in ein örtliches Krankenhaus gebracht, wo er dann für tot erklärt wurde. In einer Mitteilung  erklärte die Polizei, das einer der Beamten auf dem Rücksitz des Streifenwagens den gesamten Weg hin zum Krankenhaus Herzdruckmassage an ihm durchgeführt hätte.

Nach Angaben der Polizei hatte Porter B. in den vergangenen drei Jahren drei Familienmitglieder mit einem Messer attackiert, darunter auch seine siebenjährige Stiefschwester. Irgendwann wurde er in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen, aus der er später ausbrach. Es brauchte vier Beamte, um ihn in Gewahrsam zu nehmen, und mehrere Taser-Einsätze während dieser Flucht.

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Indes zeigte sich der Anwalt der Familie, Geoffrey Fieger, entsetzt über das Vorgehen der Polizei. „Wenn die Ausbildung darin besteht, eindeutig psychisch kranke junge Männer oder Frauen zu erschießen, dann ist diese Ausbildung grob unzureichend, mangelhaft und unsinnig“, sagte Fieger. „Man erschießt keine Menschen, die unter psychotischen Anfällen von Schizophrenie leiden.“ Er warf dem Polizeichef vor, den Vorfall vertuschen zu wollen: „Sie haben alle Arten von Ausrüstung. Sie sagten, Sie hätten alle Fahrzeuge ausgeschaltet. Wenn Sie Angst vor einem 7-Zentimeter-Messer hätten, könnten Sie die Fenster Ihres Fahrzeugs hochkurbeln und zu ihm hinfahren. Nehmen Sie eines der gepanzerten Fahrzeuge, die Sie für die Bombenentschärfung verwenden. Denen kann ein 7-Zentimeter-Messer nichts anhaben. Was ist mit den ganzen Schutzwesten die die Polizei hat? Sie haben Helme. Sie haben Arm- und Brustpanzer. Sie haben überall kugelsichere Westen. Wollen Sie mir sagen, dass Sie heute nicht über eine ausreichende Ausrüstung verfügen, um einen Polizisten auf jemanden mit einem Messer anzusetzen und ihn stattdessen aus einer Entfernung von 13 Meter exekutieren müssen? Das ist schlichtweg absurd.“

Fieger gab auch dem Mangel an Langzeitkrankenhäusern für psychisch Kranke in Michigan die Schuld, was seiner Meinung nach dazu führe, dass die Polizei und die Gefängnisse für den Umgang mit Menschen in psychischen Krisen zuständig seien. Im Namen der Familie erhob er Anklage gegen die Polizeibeamten.

Die Familie von Porter B. rief am Freitag zu einem Protestmarsch auf, bei dem Familie und Freunde des 20-Jährigen auf die Straße gingen. Die Menge skandierte: „Polizeibrutalität muss gestoppt werden, feuert und verhaftet diese Mörderpolizisten“.

Wie unter anderem CNN berichtet, hat die Staatspolizei von Michigan hat in dem Fall die Ermittlungen aufgenommen, um den Fall zu untersuchen. In der Zwischenzeit führt die Polizei von Detroit eine verwaltungsinterne Untersuchung durch.

Sehen Sie im Video: Ein 47-Jähriger stirbt in Mannheim, nachdem Polizisten ihn mit Gewalt festgenommen haben. Die Szenen der Festnahme des psychisch Erkrankten schockieren. Nun sind neue Aufnahmen aufgetaucht, die verdeutlichen, was passiert ist. 

Quellen:  NBC News, Detroit Police Department, CNN, Fox News, „Washigton Post“

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