Corona: Inzidenz fällt – und auch Lauterbach sieht den Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten

Seit einigen Tagen fallen die Coronazahlen, und nun gibt es auch quasi die offizielle Bestätigung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Er sieht den Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht und will konkrete Lockerungen auf den Weg bringen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht den wochenlangen starken Anstieg der Corona-Infektionszahlen in Deutschland gebrochen. „Der Höhepunkt der Omikron-Welle ist überschritten – ziemlich genau an dem Tag, den ich vor einem Monat vorausgesagt hatte“, sagte der SPD-Politiker der „Bild“-Zeitung am Dienstag. Daher seien „maßvolle Lockerungen“ von Corona-Beschränkungen nun möglich, erläuterte er mit Blick auf die Beratungen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und den Ministerpräsidenten an diesem Mittwoch.

Karl Lauterbach: „Die Maßnahmen haben genau gesessen“

Lauterbach hatte nach Berechnungen eines wissenschaftlichen Modells den Höhepunkt der Omikron-Welle für Mitte Februar prognostiziert. Das zeige, wie gut dieses Modell funktioniere. „Die Maßnahmen haben genau gesessen“, sagte er zu den bisherigen Alltagsauflagen. „Damit konnten wir die Zahl der Sterbefälle deutlich reduzieren und sind im Vergleich zu anderen Ländern wirklich gut durch diese Omikron-Welle gekommen. Man sollte anerkennen: Da hat etwas geklappt.“FS welche Länder lockern? 06.04

Auch die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) bestätigen den Trend. Den dritten Tag in Folge ist die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz gesunken. Das RKI gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Dienstagmorgen mit 1437,5 an (Vortag: 1459,8; Vormonat: 497,1).

„Wir brauchen eine Woche, um sicher sagen zu können, ob die Welle zurückgeht“, sagte Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (Bremen) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. „Wir haben zum Beispiel in Dänemark gesehen, dass die Zahlen nach kurzer Pause noch einmal deutlich höher gingen.“ Er wies zudem darauf hin, dass mit dem Erreichen des Höhepunkts der Welle erst die Hälfte überstanden sei. „Dann kommen noch viele Fälle und das Gesundheitssystem bleibt stark belastet“, so Zeeb.

Auch Intensivmediziner sehen positiven Trend

Auch Intensivmediziner Christian Karagiannidis zufolge deuteten die Zahlen und Modelle darauf hin, dass ein Plateau erreicht ist oder zumindest bald erreicht wird. Momentan würden etwas über 200 Menschen täglich neu auf eine Intensivstation aufgenommen, sagte der wissenschaftlicher Leiter des Divi-Intensivregisters. Die Gesamtbelegung ginge aber insgesamt nicht so stark hoch. Auch auf den Normalstationen habe es Meldedaten des RKI und einzelner Bundesländer zufolge teils einen erheblichen Anstieg der Patientenzahlen gegeben, sagte Karagiannidis weiter. „Aber auch da haben wir so erste Tendenzen dazu, dass dieser starke Anstieg jetzt zum Stillstand kommt oder zumindest nicht mehr mit der Geschwindigkeit weiter nach oben geht.“STERN PAID Interview Corona Allgemeinmeidziner 11.04

Der Bioinformatiker Lars Kaderali erklärt das Brechen der Welle mit einer Art Sättigungseffekt. „Mit der steigenden Zahl von Genesenen findet das Virus immer weniger Menschen, die noch für eine Infektion empfänglich sind“, sagte der Greifswalder Wissenschaftler, der auch Mitglied des Expertenrats der Bundesregierung ist. Er betont, dass sich infolge von veränderten Regelungen, etwa bei Lockerungen der Corona-Maßnahmen, neue Kontaktnetzwerke ergeben könnten, in denen die Virusverbreitung doch wieder Fahrt aufnimmt. „Der Sättigungseffekt kann also ein Stück weit wieder wegfallen.“ Relativ gesichert von einem ruhigeren Fahrwasser ausgehen könne man erst ab etwa April, wenn auch saisonale Effekte die Virusausbreitung bremsen, sagte Kaderali.

Posivitrate bei PCR-Tests geht zurück

Auch die Labormediziner sehen erste Hinweise auf ein nachlassendes Infektionsgeschehen. So seien in der Woche bis Sonntag erstmals seit Jahresbeginn sowohl die Anzahl der durchgeführten Tests als auch die sogenannte Positivrate rückläufig gewesen, teilte der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) am Dienstag mit. „Der leichte Rückgang an Testaufkommen stimmt uns zwar als erster Hinweis auf ein rückläufiges Infektionsgeschehen positiv, aber noch besteht aus Sicht der Labore weiterhin Anlass zur Vorsicht und Umsicht. Die Spitze der Omikron-Welle ist in einigen Bundesländern noch immer nicht erreicht“, sagte Nina Beikert, Mitglied im ALM-Vorstand.Bayern lockert Coronabeschränkungen 12.30

Problematisch bei der Interpretation des Infektionsgeschehens ist unter anderem die unsichere Datenlage. Experten gehen von einer hohen Zahl von Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind, etwa weil das Melde- und Testsystem überlastet ist. Zudem dürfte die Zahl der Menschen steigen, die ihre Infektion nicht mehr über einen PCR-Test bestätigen lassen – die Infektion fließt damit nicht in die offizielle Statistik ein.

Ein neuerlicher Anstieg der Infektionszahlen ist auch denkbar, wenn sich der offenbar noch leichter übertragbare Omikron-Subtyp BA.2 in Deutschland ausbreitet. Bisher ist hierzulande die Untervariante BA.1 vorherrschend.

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