Ein toter Bergmann führt das Dortmunder „Tatort“-Team in das Milieu von ehemaligen Kohle-Kumpels und ihren heimeligen Eckkneipen – und später auch zu einem Reichsbürger. Die ARD wiederholt diesen Fall aus dem Jahr 2019.
- 2 von 5 Punkten
- Ein teilweise interessanter „Tatort“, der sich leider nicht entscheiden kann, welche Geschichte er erzählen möchte.
Worum geht’s?
Leichenfund vor einer stillgelegten Zeche: Der ehemalige Bergmann Andreas Sobitsch wurde ermordet. Das Dortmunder „Tatort„-Team um Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) ermittelt unter ehemaligen Kumpels, die sich untereinander zerstritten haben, ob sie die Zeche wegen Bergwerksschäden verklagen oder ein Abfindungsangebot annehmen. Doch dann tut sich eine neue Spur auf: Einige der unzufriedenen Bergleute scheinen Kontakt aufgenommen zu haben mit einem militanten Reichsbürger. Faber verfolgt diese Spur und gerät damit der eiskalten Verfassungsschützerin Dr. Klarissa Gallwitz (brillant: Bibiana Beglau) in die Quere..PAID Warum ich seit 50 Jahren „Tatort“ gucke – und es auch weiter tun werde_15.30
Warum lohnt sich dieser „Tatort“?
Eingefallene Häuser, stillgelegte Zechen, baufällige Straßen, an den Mauern Plakate mit der Aufschrift „Schicht im Schacht“. Dieser „Tatort“ widmet sich einem ureigenen Ruhrgebiets-Thema: Es geht um das Zechensterben und den damit verbundenen Strukturwandel, der viele zurücklässt. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Im vergangenen Dezember wurde das letzte aktive Kohlebergwerk geschlossen. Der Film interessiert sich für Menschen, die Arbeit, Identität und ein Stück Heimat verlieren. Bergleute, deren Grube in einen Freizeitpark verwandelt werden soll, in dem sie bestenfalls noch einen Job in der Geisterbahn übernehmen dürfen. Ein Kumpel bringt die Lage so auf den Punkt: „Uns fickt schon jeden Tag das Leben, reicht dann am Abend.“
Was stört?
Leider interessiert sich dieser „Tatort“ dann aber doch nicht genug für die Bergleute, um die Geschichte komplett in diesem Milieu anzusiedeln. Aus irgendeinem Grund vertraut Autor Jürgen Werner diesem Setting nicht und schreibt noch eine zweite Geschichte ins Drehbuch, die von einem Reichsbürger und dessen Verquickung mit dem Verfassungsschutz handelt. Zwischen beide Handlungssträngen zimmert er eine abenteuerliche Verbindung. Der Zorn der überflüssig gewordenen Bergarbeiter wird mit dem Zorn politischer Wirrköpfe gleichgesetzt und als Antrieb für militantes Handeln verkauft. Welch ein Unfug!
Die Kommissare?
Jahrelang hat sich Kommissarin Nora Dalay (Aylin Tezel) mit ihrem Kollegen Daniel Kossik (Stefan Konarske) bekriegt. Der ist mittlerweile weg, doch jetzt schießt sie sich auf den Nachfolger Jan Pawlak (Rick Okon) ein. Dass eine junge, ehrgeizige Polizistin automatisch zickig zu sein hat, nervt gewaltig. Und lenkt zudem vom Fall ab. Amüsant dagegen der Nebenstrang mit Martina Bönisch (Anna Schudt), die mit ihrem Rückenleiden schließlich in den Händen eines Reiki-Meisters landet, der ihr erst einmal „die Aura ausstreicht und die Chakren energetisiert“. Einer der raren Momente in diesem Dortmund-„Tatort“, in dem positive Energie fließt.
Ein- oder Ausschalten?
Auch wenn dieser „Tatort“ insgesamt ziemlich misslungen ist – einschalten kann man trotzdem. Allein schon um Peter Faber dabei zuzuhören, wie er ein „lecker Pilsken“ bestellt.
Die „Tatort“-Folge „Zorn“ wurde erstmals am 20. Januar 2019 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt diesen Film am Freitag, 5. November 2021, um 22.15 Uhr
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