stern-Podcast „Die Lage – international“: Ein „Ritt auf der Rasierklinge“ – Mölling warnt vor großem Krieg in Nahost

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling rechnet mit einem Angriff Irans auf israelische Ziele – und schwer absehbaren Folgen.

Podcast Lage, 12.4.24, #14

Die Konflikte im Nahen Osten könnten nach Einschätzung des Militärexperten Christian Mölling außer Kontrolle geraten und sich zu einem großen Krieg in der Region ausweiten. Mölling sagte am Freitag im stern-Podcast „Die Lage – international“, Iran werde auf den mutmaßlich von Israel verübten Angriff auf seine diplomatische Vertretung in Damaskus reagieren. „Es ist gefährlich“, warnte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. „Es gibt einige Leute in der Bundesregierung, die davon ausgehen, dass es innerhalb der nächsten Woche zu einem – Konjunktiv! – größeren Krieg kommen könnte.“ Mölling sagte, es sei offen, wann und wo Iran zuschlagen werde. Denkbar seien Aktionen gegen Botschaften oder einzelne Diplomaten, sie könnten in einer Vielzahl von Staaten – und auch in Deutschland – stattfinden: „Die Sicherheitskräfte sind überall sehr nervös.“ 

Iran und Israel – ein Flächenbrand droht

Er habe aber die Hoffnung, dass ein Flächenbrand noch vermieden werden könne. Denn niemand habe ein Interesse an einer ungebremsten Eskalation. Es sei ein „Ritt auf der Rasierklinge“ für alle Akteure. Immer bestehe die Gefahr, dass die andere Seite sich doch anders verhalte als erwartet. „Er ist nicht steuerbar“, sagte Mölling über den Nahost-Konflikt. Auch die USA könnten mit einer Entwicklung konfrontiert werden, die nicht in ihrem Interesse sei. Möglicherweise würden sie gezwungen, ihr Engagement deutlich zu erhöhen.

Pessimistisch zeigte sich Mölling über die Perspektiven für einen dauerhaften Frieden. „Wie enden Konflikte? Wie bringe ich Frieden, so dass Gesellschaften wieder miteinander leben können?“, fragte er. Und sagte zu den Folgen von Hamas-Terror und Gaza-Krieg: „Dieser Konflikt wird in die nächste Generation hineingetragen. Der brennt jetzt erstmal wieder für 70 Jahre.“

Alle Seiten würden versuchen, das eigene Leid herauszustellen. „Das ist ein sehr effektiv geführter Informationskrieg“, sagte Mölling. Stärker als etwa beim russischen Angriffskrieg in der Ukraine gehe es darum, die Emotionen der Menschen anzusprechen und ihre Herzen zu gewinnen. Daher seien auch die Reaktionen in anderen Gesellschaften viel heftiger.

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