Mc-Flurry: Der kalte Krieg um McDonald’s kaputte Eismaschinen

Burger, Fritten – aber kein Softeis. Immer wieder stehen bei McDonald’s die Eismaschinen still. Ein Pärchen wollte das ändern. Und rechnete nicht mit der Rache der Eismaschinen-Industrie.

„Die Maschine ist gerade nicht in Betrieb“ – diese Antwort kennt wohl fast jeder, der ab und zu ein Eis bei McDonald’s zu kaufen versucht. Die defekten Eismaschinen der Burger-Kette sind längst ein Running Gag im Netz, viele vermuten gar scherzhaft eine Verschwörung dahinter, witzeln dass die Burgerkette eigentlich gar kein Eis verkauft. Was die frustrierten Kunden nicht wissen: Hinter den Kulissen tobt ein harter Kampf um den Eis-Ausfall.

Die Hauptakteure sind McDonald’s, der Maschinen-Hersteller Taylor, der einen Großteil der US-Filialen und viele Filialen in Übersee mit Eismaschinen ausstattet, sowie das Start-up Kytch. Das fand durch Zufall einen Weg, die Ausfälle der Maschinen zu reduzieren. Und brach damit den Konflikt vom Zaun, berichtet ein aktueller, sehr ausführlicher Artikel bei „Wired“.

Defekte Eismaschinen als Running Gag

Grundsätzlich ist die Problematik nicht neu. Das Phänomen ist so bekannt, dass eine Webseite jederzeit den aktuellen Status der Maschinen aller McDonald’s-Filialen anzeigt, indem sie automatisiert online Eis zu kaufen versucht. Das Ergebnis ist erstaunlich: Bis zu 20 Prozent der Eismaschinen sind außer Betrieb gemeldet. Da verwundert es nicht, dass die sozialen Medien voll sind mit Posts und Witzen über die Eis-Ausfälle. Selbst der offizielle Twitter-Account  von McDonald’s witzelte schon darüber. „Wir haben hier einen Witz über Eismaschinen liegen. Aber wir sind nicht sicher, ob er funktionieren wird“, feixte das Social-Media-Team des Fastfood-Giganten letzten Sommer.PAID Die schickt der Himmel 8.32h

Kytch wollte das ändern. Ursprünglich hatten die Betreiber ein eigenes Unternehmen betrieben, das Automaten verkaufte, die auf Basis von Taylor-Maschinen vollautomatisch Frozen Yoghurt anboten. Doch die sogenannten Frobots fielen immer wieder aus – und Jeremy O’Sullivan und seine Freundin Melissa Nelson begaben sind auf die Fehlersuche. Dabei entdeckten sie ein geheimes Steuermenü, das Taylor in keiner seiner Anleitungen erwähnt. Mit Hilfe eines Teams chinesischer Technik-Experten gelang es ihnen, das Menü über eine kleine Box einfacher ansteuern zu können und die versteckten Daten aus dem Innern der Maschine in einer App zugänglich zu machen. Kytch war geboren.

App-Steuerung als Rettung

Die ersten Kunden waren begeistert. Sullivan suchte sich Läden heraus, die eine Taylor-Maschine benutzten und bot ihnen über das Karriere-Portal Linked.in einen Testmonat mit dem kleinen Kasten an. Danach verlangte er 10 Dollar im Monat für den Betrieb. Das Feedback war begeistert. „Mir graut es davor, es irgendwann nicht mehr in Milkshake- oder Softeismaschinen einsetzen zu können“, erklärt CJ Timoney, der einige Burger-King-Filialen betreibt, letztes Jahr gegenüber „Business Insider. „Es bietet uns eine erstaunliche Menge an Sicherheit.“

Tatsächlich reduziert das Kästchen die Anzahl der möglichen Fehlerquellen erheblich. Für die ständigen Ausfälle gibt es eine Unmenge an Gründen. Einer der wichtigsten ist der lange Reinigungs-Zyklus. Die von McDonald’s eingesetzten Taylor-Maschinen müssen dafür nicht extra geleert und auseinandergenommen werden wie andere Geräte. Stattdessen reinigen sich mit Hitze selbst, inklusive der Eis-Mischung im Innern. Der große Nachteil: Der Prozess dauert vier Stunden – und muss nach einer Unterbrechung von vorne begonnen werden. Das ist nicht nur ein Problem, wenn die Angestellten zeitig loswollen und die Reinigung deshalb früher starten. Weil die Maschinen extrem empfindlich reagieren, kann schon ein einziges falsch sitzendes Teilchen die Reinigung scheitern lassen. Und Morgens steht die Maschine ungereinigt herum.

Doch auch im Betrieb selbst sind die Maschinen empfindlich. Sitzt ein Teil nicht richtig oder ist die Eismenge im Innern zu groß oder auch zu klein, gibt sie ebenfalls den Geist auf. Es sind diese Fehler, bei denen Kytch ansetzt. Zwar kann der kleine Kasten die Dauer der Reinigung nicht verkürzen. Mit dem Ausschluss der anderen Fehler kann man aber immerhin Ausfälle im Betrieb reduzieren. Und dafür sorgen, dass die Reinigung beim ersten Anlauf auch tatsächlich klappt. Etwa indem man Temperatur- und Druckprobleme rechtzeitig entdeckt. „Wir erkennen, ob die Maschinen zu voll befüllt sind – oder auch zu wenig“, erklärte Sullivan „Business Insider“.

Angst um das Geschäft

Doch während sich einzelne Filialbetreiber begeistert äußern, scheint man beim McDonald’s-Konzern und dem Maschinen-Hersteller wenig von der Neuerung zu halten. Dabei waren beide Unternehmen Kytch gegenüber durchaus schon einmal freundlicher eingestellt. Zu Beginn unterstützte Taylor die beiden Gründer noch bei der Entwicklung des Kästchens, ließ zumindest durchblicken, dass man die Entwicklung nicht als Problem empfand. Doch das war, als das Kästchen noch in den Frobots stecken sollte. Und nicht Taylor Einnahmen kostete.

Zum Geschäftsmodell des Unternehmens gehört nicht nur die Herstellung der Maschinen, sondern auch ihre Wartung. Tausende Dollar kostet das einige von McDonald’s Franchise-Nehmern im Monat, berichtet „Wired“ unter Berufung auf Insider. Da erscheint das mittlerweile mit 20 Dollar doppelt so teure Kytch-Abo schnell als Schnäppchen, wenn es auch nur einen Anruf beim Service unnötig macht. Für Taylor bedeutet dann aber jeder ausbleibende Ausfall der Eismaschinen wiederum einen direkten Ausfall der Einnahmen aus Reparaturen.

Das will das Unternehmen offenbar nicht auf sich beruhen lassen. Nur zwei Tage nach dem Marktstart hätten zuerst Angestellte von Taylor, später dann Privatdetektive immer wieder versucht, sich Kytch-Geräte liefern zu lassen, berichtet Sullivan. Taylor leugnet das zwar, doch seit Herbst hat der Konzern plötzlich eine eigene Lösung namens Taylor Shake Sundae Connectivity im Angebot, die quasi die Funktionalität eines Kytch als zusätzliches Modul für die Maschinen anbietet.

Plötzlich eine Gefahr

Seitdem ist auch die Stimmung zwischen Kytch und McDonald’s abgekühlt. Der Konzern warnt mittlerweile ganz offen seine Franchise-Nehmer, in ihren Eismaschinen keine Kytch-Geräte einzusetzen, sie würden die Mitarbeiter und Techniker „in ernsthafte Verletzungsgefahr bringen“, schrieb der Konzern in einer Mail. Und empfahl stattdessen das von Taylor angebotene Modell. Gegenüber „Wired“ bekräftigten beide Konzerne die Warnungen.

Sullivan und Nelson haben nun genug. Nach den Warnungen hätten viele ihrer Kunden die Verträge gekündigt. In einer Klage wollen sie nachweisen, dass Taylor ihre Geschäftsidee gestohlen hat. Ein Betreiber von zehn McDonald’s-Filialen, der Kytch einst auf einer Franchise-Nehmer-Konferenz angepriesen hat, ist nun der Hauptverdächtige der beiden Kytch-Gründer, ihr Gerät an Taylor weitergegeben zu haben. Damit hätte der Filial-Betreiber gegen Kytchs Nutzungsbedingungen verstoßen, weshalb auch er einer der Beklagten ist.

Den McDonald’s-Kunden bringt der Streit indes wenig. Es gebe ganz grundlegende Probleme mit der Funktionsweise der Maschinen, klagten McDonald’s-Angestellte gegenüber dem „Wall Street Journal. „Alles an der Maschine ist einfach miserabel. Wenn jemand 30 Minuten vor dem Schließen in den Laden käme und ein McFlurry bestellen würde, würde man dann riskieren, damit den ganzen Bereich einzusauen, den man gerade gereinigt hat? Nein.“ Das kann auch kein noch so smartes Analyse-Werkzeug beheben.

Quellen:Wired, Business Insider, Wall Street Journal

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