„Die Höhle der Löwen“: So wie Dagmar Wöhrl hat sich noch kein Löwe über den Tisch ziehen lassen

Besteck, das man essen kann, ist supersinnvoll, aber nicht gerade die Erfindung der Raketenwissenschaft. Trotzdem entwickelte sich aus dem Geschacher um einen Deal eine Kraftprobe zwischen Löwen und Gründern, bei der Dagmar Wöhrl am Ende ziemlich alt aussah.

Herzliche Umarmung oder Ellenbogen-Check – in der aktuellen „DHDL“-Folge gehen die Nähe- und Distanz-Regeln wild durcheinander, was den unterschiedlichen Produktionsetappen geschuldet ist. Schon schräg für das gegenwärtige Empfinden, wenn Carsten Maschmeyer zwei Kandidaten Backstage folgt und ihnen eine Aerosolwolke aus Versprechungen ins Gesicht haucht. Hoffentlich herrscht in der nächsten Staffel wieder Klarheit, und Ralf Dümmel kann aus seinem Sessel aufspringen und ausrufen: „Das machen wir ganz groß, lass dich drücken!“

Die präsentierten Produkte:

• PocketsyBH mit Taschen

Easy Beebox – Bienenkasten für Einsteiger

Flüwa – Wasserwaage mit ausklappbarem Flügel

Kulero – Essbare Löffel

Munevo Drive – Rollstuhl-Steuerung mit Datenbrille

Die stärksten Nerven

Da blieb selbst den hartgesottensten Löwen die Spucke weg. Was die Erfinder von Kulero an Verhandlungshärte und Nervenstärke an den Tag legten, könnte als Superlativ in die Geschichte der Show eingehen. Das Produkt – ein essbarer Löffel – will das globale Plastikproblem lösen. In Indien, wo einer der beiden Gründer seine Wurzeln hat, wurden damit bereits sechs Millionen Einweglöffel ersetzt. Nils Glagau, Nico Rosberg und Dagmar Wöhrl stiegen als Dreierteam ein und boten dem Duo zusammen 200.000 Euro zu 33 Prozent. Das wollte aber nur 14 Prozent seiner Firma hergeben. Rosberg („Ich habe ein starkes Netzwerk in der italienischen Eisindustrie“) verabschiedete sich daraufhin aus dem Kuhhandel, der nun erst richtig an Fahrt aufnahm.

Als die Löffel-Produzenten auch ein verbessertes Zweierangebot von Glagau und Wöhrl ablehnten (20 Prozent), blieb nur noch Dagmar Wöhrl übrig. Die ging auf die Forderung von 14 Prozent ein – doch diese war, wie sich herausstellte, nur für die Kooperation mit drei Löwen gedacht. Erstaunen und Empörung machte sich unter den Investoren breit. Am Ende knickte Wöhrl bei 10 Prozent ein („Ich finde die beiden so gut“). Glagau spöttisch: „Ich dachte, du bist in indischen Verhandlungstechniken versierter.“PAID Interview Nico Rosberg 11.48

Gründer der Herzen

Wenn die Motorik von Menschen so beeinträchtigt ist, dass sie ihren Rollstuhl nicht mehr mit den Händen steuern können, bleibt ihnen bislang nur eines: das Navigieren mit dem Mund oder dem Kinn. „Stigmatisierend“ nennen die beiden Gründer von Munevo Drive diese Praxis und entwickelten ein smartes System, das es den Nutzern erlaubt, ihren Rollstuhl mithilfe von Kopfbewegungen zu manövrieren. Doch: Bis dato verkauften sie nur zehn Stück ihrer Datenbrillen-Adapter, riefen aber einen Firmenwert von stolzen acht Millionen Euro auf. Zu viel für die Investoren.

Sie lobten die Erfindung über den grünen Klee (Judith Williams: „Ihr seid ein Gänsehaut-Start-up“), doch bei der betriebswirtschaftlichen Analyse kam ihr Humanismus ins Stocken. „Bei der Aufrufung eurer Bewertung“, bemerkte Georg Kofler spitz, „sind wir so richtig im Kapitalismus angekommen.“ Das Geschäft mit Medizinprodukten sei komplex. Es geht um Zulassungen und Kostenerstattungen. Vor Jahren investierten Kofler und Maschmeyer zusammen in einen elektrischen Rollator – und setzten jeweils 200.000 Euro in den Sand. „Wir sind damals grandios gescheitert“, sagte Maschmeyer und verweigerte dem sympathischen Duo das Investment.

In der Honigfalle

„Bienchen sind ein feines Thema“, summte Nils Glagau zufrieden, als er den Deal mit Easy Beebox eingestielt hatte. 150.000 Euro investierte er in das Start-up zweier Studenten, die mit ihrem Bienenkasten vor allem Hobby-Imkern ohne Vorkenntnisse ihr eigenes Bienenvolk ermöglichen wollen. Lange sah es nicht gut aus. Ralf Dümmel hat wegen einer Allergie panische Angst vor allen Majas und Willis („Bienen sind was Tolles, wenn man sie von weitem sieht“), Carsten Maschmeyer war der Markt zu „nischig“ und Georg Kofler hielt das Ganze für „ein schönes Projekt, aber keine Firma.“

Schließlich nahm sich Glagau ein Herz. „Ich habe keine Angst vor Bienen, nur davor, dass sie weiterhin sterben“, sagte er und knöpfte den Jungunternehmern nicht nur statt der gewünschten 15 großzügige 25 Prozent Anteile ab, sondern schenkte jedem seiner Löwenkollegen gleich noch ein Glas originalen Easy-Beebox-Honig.

Abfuhr der Woche

Textilmarkt? Uhhh, schwierig. Die Retourenquote ist immens. Und dann auch noch Unterwäsche! „Ich kenne alles, was es an Unterwäsche und Stützwäsche da draußen gibt“, verkündete Judith Williams vor dem Pitch von Pocketsy. „Das muss jetzt echt eine Neuerung sein.“ Das Start-up aus Köln produziert BHs mit integrierten Taschen, in denen Smartphones, Geldbeutel oder Schlüssel verstaut werden können. Mittlerweile muss man sagen: produzierte – denn die Zwei-Frau-Firma gibt es nicht mehr. Die Löwen-Jury könnten dazu ihren Beitrag geleistet haben. Der Funktions-Büstenhalter sei zu teuer, lautete das Urteil. Und: Das Taschenprinzip gäbe es schon, zumindest im Sportartikelbereich, und laufe dort mäßig.

Als sich eine der Gründerinnen auch noch als Schauspielerin outete, die genauso gerne vor der Kamera steht wie vor dem Flipchart, war die Investitionsbereitschaft vollends zerbröselt. „Ich weiß“, erzählte Carsten Maschmeyer, bekanntlich Ehemann von Veronica Ferres, „wie viele Urlaube bereits wegen einer spannenden Rolle ausgefallen sind.“ Er fände es toll, dass die schauspielernde Unternehmerin ihre Passion nicht leugne – „aber als Investor bin ich raus.“

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