Care-Bericht „Breaking the Silence“: Das sind die zehn größten vergessenen humanitären Krisen

Die Hilfsorganisation Care macht jedes Jahr auf Notlagen aufmerksam, die in den Medien zu wenig Beachtung finden. Jetzt hat sie eine neue Liste veröffentlicht mit den schwersten Krisen, die im vergangenen Jahr kaum Schlagzeilen machten.

Die Augen der Weltöffentlichkeit richten sich derzeit auf die Menschen in der Ukraine. Täglich berichten Medien rund um den Globus ausführlich vom Leben der Kriegsopfer ohne Strom, Heizung oder fließend Wasser, von ihrer Flucht aus zerbombten Städten und von den Kämpfen der ukrainischen Streitkräfte gegen die russischen Angreifer. Doch auch jenseits des Krieges in Osteuropa gibt es gewaltige, teilweise schon sehr lange andauernde Notlagen – die allerdings kaum Beachtung finden.

Um das zu ändern, erstellt die Hilfsorganisation Care einmal im Jahr eine Liste der größten medial vernachlässigten humanitären Katastrophen. Unter dem Titel „Breaking the Silence“ hat sie jetzt ihren siebten Bericht veröffentlicht. Demnach befinden sich die zehn ausgeprägtesten Krisen, die im vergangenen Jahr kaum Schlagzeilen machten, allesamt in Afrika.

Angola führt die Care-Liste an

An der Spitze der Liste steht Angola. In dem südwestafrikanischen Land herrsche die schlimmste Dürre seit 40 Jahren, berichtet Care. Fast vier Millionen Menschen litten Hunger und mehr als 100.000 Kinder unter fünf Jahren seien unterernährt. Trotz dieser erschreckenden Zahlen seien  im vergangenen Jahr gerade einmal 1847 Online-Artikel zu der humanitären Krise in Angola erschienen. Zur Ukraine seien es dagegen 2,2 Millionen Online-Artikel gewesen. Damit sei der Krieg in der Ukraine die Krise, über die 2022 mit Abstand am meisten berichtet wurde.PAID 30_22 Krise Lebensmittelversorgung 18.12

Care hatte nach eigenen Angaben für seinen Bericht mehr als 5,8 Millionen Online-Artikel in den Sprachen Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch im Zeitraum von 1. Januar bis 10. Oktober 2022 durch den internationalen Medienbeobachtungsdienst Meltwater analysieren lassen. Aus einer Liste von 47 humanitären Krisen, die mindestens eine Million Menschen betreffen, seien jene zehn Krisen mit der geringsten medialen Präsenz ermittelt worden.

„Im vergangenen Jahr hat sich die alte Regel erneut bewahrheitet: Je weniger räumliche Distanz zwischen uns und einer Krise ist und je besser wir uns mit den betroffenen Menschen identifizieren können, desto mehr Aufmerksamkeit widmen wir den Ereignissen“, sagt Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von Care Deutschland. 2021 habe die humanitäre Lage in der Ukraine unter den Krisen mit der geringsten Beachtung noch Platz zwei belegt. „Als sich der Krieg im Februar dann auf das gesamte Land ausweitete und damit näher an uns heranrückte, änderte sich die Situation sehr schnell.“

Seit vergangenem Herbst begleiten Stiftung stern und Welthungerhilfe das Dorf Kinakoni in Kenia und versuchen gemeinsam mit den Menschen, langfristige Lösungen gegen den Hunger zu finden. Start-ups aus Nairobi unterstützen uns. Auch Kinakoni leidet unter der Dürre, erste Maßnahmen wie Wassertanks konnten die Lage verbessern. Hier gibt es mehr Infos und Schulmaterialien. Das Projekt ist auf Spenden angewiesen, wir freuen uns über Unterstützung. Hier können Sie direkt spenden.
Seit vergangenem Herbst begleiten Stiftung stern und Welthungerhilfe das Dorf Kinakoni in Kenia und versuchen gemeinsam mit den Menschen, langfristige Lösungen gegen den Hunger zu finden. Start-ups aus Nairobi unterstützen uns. Auch Kinakoni leidet unter der Dürre, erste Maßnahmen wie Wassertanks konnten die Lage verbessern. Hier gibt es mehr Infos und Schulmaterialien. Das Projekt ist auf Spenden angewiesen, wir freuen uns über Unterstützung. Hier können Sie direkt spenden.

Dass ausschließlich afrikanische Länder auf der Care-Liste auftauchen, zeigt, wie groß die Distanz vieler Berichterstatter zum afrikanischen Kontinent offenbar ist. Die Vereinten Nationen hätten kürzlich darauf hingewiesen, dass Teile Afrikas von einer historischen Hungerkrise bedroht seien, erklärt Claudine Awute, Vize-Präsidentin für Internationale Programme bei Care. „Das Ausmaß davon erleben wir täglich bei unserer Arbeit. Eltern lassen Mahlzeiten aus, damit ihre Kinder nicht hungern. Felder trocknen aus, Vieh stirbt. Familien flüchten, weil sie keine Nahrung und kein Wasser finden.“ Angesichts dieser dramatischen Lage sei es umso besorgniserregender, dass über die Not der Menschen kaum berichtet werde, warnt Awute. „Wenn wir weiterhin wegsehen, hat das katastrophale Konsequenzen.“

Hintergrund der Notlagen rund um den Globus ist neben bewaffneten Konflikten mittlerweile zum überwiegenden Teil auch der Klimawandel. Auch die von Care in „Breaking the Silence“ genannten Länder leiden unter den Folgen der Erderwärmung. In der Fotostrecke oben finden sie die zehn humanitären Krisen, die 2022 kaum Schlagzeilen machten.

Quellen: Care, Welthungerhilfe, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Unicef

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