Börsengang: Palantir – die geheimnisvolle Überwachungsfirma offenbart erstaunliche Zahlen

Die von Peter Thiel mitgegründete Datenanalysefirma Palantir ist geheimnisumwoben. Nun muss sich das US-Unternehmen wegen des anstehenden Börsengangs erstmals in die Bücher schauen lassen. Doch nicht nur die schlechten Zahlen sind bemerkenswert, sondern auch die Worte des Chefs.

Peter Thiel ist einer der legendärsten Investoren des Silicon Valley. Der in Frankfurt geborene Milliardär hat PayPal groß gemacht und war der erste Investor von Facebook, was ihn schwerreich machte. Doch seine sagenumwobenste Unternehmung heißt Palantir.

Bereits 2003 gründete Thiel mit vier Mitstreitern die US-Datenanalysefirma, die seitdem eine Aura des Geheimnisvollen umgibt. Denn zu den Kunden von Palantir zählen Geheimdienste, Anti-Terrorbehörden und andere Institutionen des Sicherheitsapparates. Da liegt die Geheimniskrämerei in der Natur der Sache.

Nun geht Palantir an die Börse – und ist daher erstmals gezwungen, der Öffentlichkeit Einblicke in ihre Geschäfte zu geben. Und die Zahlen, die im am Dienstag veröffentlichten Börsenprospekt zum Vorschein kommen, sind durchaus bemerkenswert. Denn die berüchtigte Softwarefirma operiert mit gigantischen Verlusten. 590 Millionen US-Dollar Verlust schrieb Palantir im vergangenen Jahr, bei gerade einmal 740 Millionen Dollar Umsatz. Auch für 2018 steht ein Verlust von 600 Millionen Dollar.

Tatsächlich hat Palantir laut den Unterlagen seit seiner Gründung vor 17 Jahren noch nie Gewinne erwirtschaftet. Dabei war das Unternehmen bei der letzten Finanzierungsrunde vor fünf Jahren von Investoren immerhin mit 20 Milliarden Dollar bewertet worden. Auf geschäftlichen Ertrag dürfen diese aber nicht so schnell hoffen. „Wir erwarten, dass unsere operativen Ausgaben steigen und wir werden möglicherweise in der Zukunft nicht profitabel werden“, erklärt die Firma. Immerhin: Im ersten Halbjahr 2020 stieg der Umsatz um fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr, der Verlust lag nur noch bei 165 Millionen Dollar.

Palantir-Chef erklärt sich

In dem fünfseitigen Börsenprospekt verrät Palantir aber nicht nur Zahlen, sondern erklärt auch ausführlich das eigene Selbstverständnis, wehrt sich gegen Kritik und schießt seinerseits scharf gegen den Rest des Silicon Valley

Das Geschäft von Palantir besteht demnach vor allem aus zwei Softwareplattformen für die Auswertung großer Datenmengen, einer für Regierungsbehörden und einer für Unternehmen. Während „Gotham“ speziell für Polizei, Militär und Nachrichtendienste entwickelt wurde, werde „Foundry“ von Konzernen wie Airbus, Fiat Chrysler, BP, Credit Suisse oder dem Darmstädter Chemieunternehmen Merck eingesetzt.

Man arbeite ausschließlich für Kunden, die die westliche liberale Demokratie und ihre strategischen Partner unterstützen, erklärte das Unternehmen. „Unsere Softwareplattformen werden von den USA und ihren Verbündeten rund um die Welt genutzt“, schreibt CEO Alexander Karp. „Viele der weltweit wichtigsten Institutionen, von Verteidigungs- und Geheimdienstbehörden bis zu Unternehmen in Gesundheitswesen, Energie- und Produktionssektor, verlassen sich auf die Softwareplattformen, die wir gebaut haben.“

Die Palantir-Software wird in 36 Branchen in mehr als 150 Ländern eingesetzt, dabei explizit nicht in China, da eine Zusammenarbeit mit der dortigen kommunistischen Partei „nicht vereinbar mit unserer Kultur und Mission“ sei, heißt es im Börsenprospekt.

Generalkritik am Silicon Valley

Bemerkenswert ist die scharfe Kritik von CEO Karp an der Softwareindustrie im Silicon Valley. Zwar sei Palantir dort gegründet worden. „Aber es scheint, als ob wir immer weniger Werte und Verpflichtungen mit der Tech-Branche teilen.“ Von Anfang an habe Palantir wiederholt Gelegenheiten abgelehnt, Daten zu verkaufen oder zu sammeln. „Andere Technologieunternehmen, darunter einige der größten in der Welt, haben ihr gesamtes Geschäft darauf aufgebaut.“ 

Allerdings ist Palantir, das seinen Sitz kürzlich von Palo Alto im Valley nach Denver, Colorado, verlegt hat, selbst höchst umstritten. Für Argwohn sorgen vor allem die Aktivitäten zur Förderung staatlicher Überwachung. So kritisierten auch schon deutsche Datenschützer den Einsatz des „Gotham“-Programms zur Verbrechensbekämpfung bei der hessischen Polizei. Für Aufsehen sorgte 2016 auch eine Klage der US-Arbeitsbehörde wegen rassistischer Diskriminierung, weil Palantir bei Stellenausschreibungen systematisch asiatische Bewerber benachteiligt haben soll.

Peter Thiel ist bei Palantir nicht operativ tätig, er hält laut Börsenprospekt aber immer noch 29,8 Prozent an dem Unternehmen. Weitere 12,7 Prozent besitzt sein Risikokapitalunternehmen „Founders Fund“. CEO Karp kontrolliert 9,3 Prozent.

Der Name Palantir stammt übrigens aus Tolkiens Fantasy-Roman „Herr der Ringe“. Es handelt sich dabei um eine magische Kristallkugel, mit deren Hilfe man weit entfernte Dinge sehen und sogar in die Vergangenheit und die Zukunft blicken kann. Im Roman erscheinen die Palantiri als ebenso mächtige wie gefährliche Werkzeuge.

Quellen: DPA / Forbes / Palantir-Börsenprospekt

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