Anzeichen für baldige Einigung in US-Schuldenstreit

Im Schuldenstreit in den USA mehren sich die Anzeichen für einen bevorstehenden Kompromiss. US-Präsident Joe Biden sagte am späten Freitagnachmittag, er „hoffe, dass wir heute Abend wissen werden, ob wir eine Einigung erzielen können“. Kevin McCarthy von der Republikanischen Partei sprach von „Fortschritten“ bei den Gesprächen mit dem Weißen Haus. US-Finanzministerin Janet Yellen verschob ihre Prognose für einen drohenden Zahlungsausfall vom 1. auf den 5. Juni.

„Wir sind nah dran, und ich bin optimistisch“, sagte Biden vor Journalisten im Weißen Haus. Er hoffe auf eine Klärung des Streits, „bevor die Uhr zwölf schlägt“.

McCarthy, Vorsitzender des Repräsentantenhauses, sagte, die Unterhändler hätten „Fortschritte“ gemacht. Er fügte aber hinzu, dass nichts beschlossen sei, „solange nicht alles beschlossen ist“. Zuvor hatte er betont: „Ich will dieses Problem lösen.“

Mehrere US-Medien hatten zuvor berichtet, die Regierung und die Republikaner würden sich in dem seit Monaten währenden Streit annähern, es gebe eine Verständigung über die groben Linien. Demnach könnte die Schuldenobergrenze für zwei Jahre und damit über die Präsidentschaftswahl vom November 2024 hinaus angehoben werden. Im Gegenzug soll es Kürzungen bei einigen Staatsausgaben geben. Das fordern die Republikaner, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit stellen und eine Anhebung des Schuldenlimits damit blockieren können.

Laut „New York Times“ und „Washington Post“ soll es keine Kürzungen bei der Verteidigung und den Ausgaben für Veteranen geben. 

Der Zeitdruck wächst: Ohne eine Einigung droht den USA Anfang Juni die Zahlungsunfähigkeit, mit potenziell verheerenden wirtschaftlichen und finanziellen Folgen weit über das Land hinaus. Finanzministerin Janet Yellen warnte am Freitag mit Verweis auf die „jüngsten Daten“, das Parlament müsse die Schuldenobergrenze bis zum 5. Juni anheben, damit die Regierung ihren Verpflichtungen nachkommen könne.

Zuvor hatte die Finanzministerin wiederholt den 1. Juni als möglichen „Tag X“ genannt. Es wäre das erste Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten, dass das Land zahlungsunfähig würde.

Doch auch mit einer Einigung zwischen dem Weißen Haus und McCarthy wäre eine Krise nicht vom Tisch: Der von Bidens Demokraten kontrollierte Senat und das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus müssten einem Deal noch zustimmen. In beiden Parteien könnte es Widerstände gegen einen gefundenen Kompromiss geben, weswegen Mehrheiten in beiden Kongresskammern keineswegs sicher sind.

Außerdem steht wegen des Feiertags Memorial Day am Montag nicht nur ein langes Wochenende an; das Repräsentantenhaus hat eine Sitzungspause bis zum 5. Juni. Die Abgeordneten können aber für wichtige Abstimmungen nach Washington zurückgerufen werden.

Die USA hatten das gesetzlich festgelegte Schuldenlimit von knapp 31,4 Billionen Dollar (rund 29 Billionen Euro) schon im Januar erreicht. Seitdem verhindert die US-Regierung mit sogenannten außergewöhnlichen Maßnahmen eine Zahlungsunfähigkeit, die Möglichkeiten dafür sind aber bald ausgeschöpft.

Das US-Schuldenlimit war in den vergangenen Jahrzehnten unter Präsidenten beider Parteien dutzende Male ausgesetzt oder angehoben worden – und das mit parteiübergreifenden Mehrheiten. Die Republikaner lassen in diesem Jahr aber mit ihrer bei den Kongress-Zwischenwahlen im Herbst 2022 gewonnenen neuen Mehrheit im Repräsentantenhaus die Muskeln spielen.

Die Konservativen werfen der Biden-Regierung einen verschwenderischen Umgang mit Geld vor und verlangen milliardenschwere Einsparungen. Sie versuchen auf diesem Weg auch die Reformpolitik des Präsidenten zu torpedieren. Die Demokraten werfen den Republikanern dagegen vor, für die riesige Schuldenlast des Landes mitverantwortlich zu sein – und mit ihrer Haltung im Schuldenstreit die Wirtschaft des Landes in „Geiselhaft“ zu nehmen, um ihre politische Agenda durchzusetzen.

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